Aufgrund der politischen Entwicklung in Deutschland beschloss Erwin Bowien seine Heimat zu verlassen und ins Exil nach Holland zu gehen. Nach mehreren kleinen Etappen fixierte er sich in dem Ort Egmond a.d. Hoef bei Alkmaar. Er mietete sich in ein kleines Haus ein, in welchem der französische Philosoph Descartes während seines Exils gelebt haben soll. Es befand sich gegen genau gegenüber der Schlossruine der Grafen von Egmond.
Das Haus hatte drei Räume und eine Küche, zwei Dachkammern und einen Abort mit Wasser zum Nachschütten. Im Flur fanden sich Perlmutt farbige Kacheln und die Türen waren aus massiver Eiche.
Eine kleine Dokumentation über Erwin Bowiens Zeit in Egmond aan Hoef finden Sie als download des Buches: Peter J. H. Van den Berg, De schilders van Egmond. W. Books, Zwolle, 2021, ISBN 9789462583931
Erwin Bowien erhielt von der Gemeinde Egmond bei Alkmaar den ehrenvollen Auftrag, anlässlich der Geburt der niederländischen Kronprinzessin, alle Kinder zu portraitieren, die im gleichen Jahr wie die Prinzessin auf dem Gebiet der Gemeinde geboren wurden. Diese, in den Niederlanden einmalige Sammlung an Kinderportraits, wurde unter dem Namen „Egmondse Kinderportretten“ bekannt und ist ein besonderes kunsthistorisches Vermächtnis. Die meisten dieser Kinderportraits sind nun im Besitz des niederländischen Königshauses. Die restlichen befinden sich im Besitz der Sammlung Ayech. Der Name Erwin Bowien wird in den Niederlanden immer noch als Erstes mit dieser Sammlung an Kinderportraits in Verbindung gebracht.
Beim Malen am nordholländischen Kanal lernte Erwin Bowien den Künstler Dirk Oudes kennen, der fortan sein Schüler wurde. Erwin Bowien pflegte mit vielen niederländischen Künstlern Kontakte, u. a. mit Graat Van Roggen, Matthias Wichman, Calnot, Vilarski, Franz Huisman, Charlie Toorop.
So oft Sie konnten, besuchten ihn Erna Heinen-Steinhoff und Hanns Heinen in Egmond. Die Freundschaft festigte sich so
stark, dass Erwin Bowien, ganz selbstverständlich, nach dem Krieg ins Schwarze Haus einzog. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, weilte Erna Heinen und Ihre Töchter mit dem Kindermädchen bei Bowien. Sie mussten sich unverzüglich auf Heimreise begeben und konnten das
großzügige Angebot der Familie Hemelrijk zu bleiben nicht annehmen.
Am 10. Mai 1940 überfiel Deutschland die Niederlande. Das Leben im besetzten Holland wird für den Künstler sehr schwer. Er schafft es dennoch, die Freilassung einer holländischen Geisel zu
erwirken. Vor der Gefahr von den Besatzungsbehörden auf „Herz und Nieren“ geprüft zu werden, beschließt er die Niederlande zu verlassen und sich – als freier Künstler- und ohne gültige Papiere
durch Deutschland zu schlagen.